• Hallo zusammen!


    Zunächst einmal Entschuldigung für den langen Text.


    Meine Frau und ich haben im August vergangenen Jahres - unser vorheriger Kastrat war gerade an verstorben - den frechen, neugierigen und megaagilen Louis aus einer Notstation bei uns aufgenommen. Louis ist sehr schnell zutraulich geworden und passte einfach super in die Gruppe.
    Unsere Tiere bekommen nur Frischfutter und haben nie sehr viel Wasser getrunken. Tatsächlich so gut wie nichts. Irgendwann ist uns aufgefallen, dass Louis mehr und häufiger als die anderen trinkt. Ein komisches Gefühl war da, aber immer auch der Gedanke: Vielleicht hat er Langeweile, vielleicht ist es Stress (wir waren in den Vorbereitungen zu einem größeren Umzug). Heute könnten wir uns Ohrfeigen, dass wir dem Gedanken an Diabetes nicht gleich nachgegangen sind, denn nach dem Umzug hat sich auf einem Auge ein Katarakt gebildet. Wir sind daraufhin zu unserer Tierärztin, die zwar bestätigt hat, dass der Katarakt eine Folge von Diabetes seien könnte, da dieser aber erstmal einseitig war und Louis noch sehr jung ist, sah sie als Ursache eher eine genetische Veranlagung oder eine bakterielle Infektion. Einige Tage später war - erschreckend wie schnell das ging - quasi über Nacht die zweite Linse trüb. Wir sind dann notfallmäßig in eine Tierklinik und haben dort dann trotz eines spöttischen Kommentars auf einem Blutzuckertest bestanden. Und Überraschung: Der Zuckerwert lag bei über 400. Helfen oder eine Therapieentscheidung treffen wollte man dort aber nicht. Wir sind nach einem harten Wochenende zu unserer Haustierärztin, die immer noch davon ausging, dass es sich um einen stressbedingt hohen Wert handelte. Eine Blutuntersuchung brachte Klarheit: Der Fructosaminwert lag bei nahezu 600! Unsere TÄ hatte zwar keine Erfahrung mit der Erkrankung beim Meerschweinchen, war aber bereit eine Insulintherapie zu versuchen und sich in die Materie einzuarbeiten. (Uns imponiert noch heute, dass ein TA zugibt etwas nicht zu wissen.) Wir starteten mit einer Ernährungsumstellung. Da wir eh nur "mageres" Frischfutter füttern und Louis an einem juvenilen Typ 1 Diabetes erkrankt ist, bei dem die Bauchspeicheldrüse wenig oder gar kein Insulin mehr produzieren kann, ist das Problem mit einer alleinigen Futterumstellung eh nicht in den Griff zu bekommen. Zusätzlich gaben wir eine halbe Einheit Insulin. Leider erfolglos. Die Werte blieben bei nahezu 400. Seitdem haben wir immer wieder in Absprache mit unserer TÄ die Insulindosis erhöht und Louis bekommt heute 6 Einheiten verreilt auf 2 Gaben. Und immer noch stellt sich keine signifikante Veränderung bei den Werten ein. Wir haben unsere Spritztechnik überprüfen lassen, sind vom Pen auf Spritzen umgestiegen. Alles ohne Erfolg, die Werte liegen immer noch bei um 400. Louis scheint es damit gut zu gehen. Er ist agil, eher ein Muskelprotz als dicklich und macht einen zufrieden Eindruck. Trotzdem befürchten wir bei Werten, die so lange weit über dem Normbereich liegen, Langzeitschäden. Daher folgende Fragen an das Forum: Wer kann uns einen Tipp geben, wie wir weitermachen können? Den einige wenige Ausreißerwerte von um 200 zeigen, dass dies möglich sein muss. Wer kennt einen Tierarzt, der Erfahrung im Umgang mit Diabetes beim Meerschweinchen hat. Wir wohnen im Münsterland, sind aber absolut bereit auch weite Strecken zu fahren. Unsere TÄ ist Top und hat sich super gekümmert , aber eine zweite Meinung wäre uns trotzdem lieb.


    Schon im Voraus vielen Dank für eure Hilfe!

  • Hallo!


    Eigentlich kann man bei den Werten nur eines Schließen: es ist noch nicht genug Insulin. Ihr könnt also nur die Menge an Insulin und die Häufigkeit erhöhen.


    Welches Insulin habt ihr? Wahrscheinlich ein Basalinsulin, damit es über den ganzen Tag weg wirkt? Dabei kann man eigentlich gar nicht so viel falsch machen von den Spritzstellen her, das wirkt ja sowieso langsamer und das Risiko von Unterzuckerungen ist nicht so hoch.
    Außerdem das Frischfutter am besten gleichmäßig über den ganzen Tag verteilen, statt wenigen großen Portionen. Dann gibt es keine so extremen Spitzen im Blutzucker.


    Wenn er gar kein eigenes Insulin produziert kann es durchaus sein, dass er eher 2x 10 Einheiten braucht, ihr müsst euch da einfach langsam herantasten und immer weiter messen, wenn ihr die Insulinmenge erhöht, für ein Meerschweinchen würde ich jetzt eher Werte um die 200 anpeilen, damit er nicht unterzuckert aus Versehen.


    Spätschäden wird es leider wahrscheinlich geben, so ganz zu vermeiden sind die bei Tieren eigentlich nie, weil man sie nicht so streng einstellen kann wie Menschen, die sich wenigstens "komisch" fühlen, wenn ein Unterzucker naht und entsprechend reagieren können, bei Meerschweinchen geht das nicht.

  • Mein einer Kastrat hatte auch Diabetes bzw eine Bauchspeicheldrüsenentzündung.
    Sicher bin ich mir da nicht.
    Bei ihm waren auch plötzlich die Katarakte da.
    Damals wollte/ meinten die Tierärzte, dass man es nicht behandeln kann. Mit Insulin wäre es wohl sehr schwer einzustellen.. war damals kein guter Tierarzt.
    Wir hatten auch den Fructosaminwert prüfen lassen.
    Außerdem wurde auch im Urin Zucker nach gewiesen.
    Er war 1,5Jahre gewesen, als es anfing.
    Er war ein Unfallwurf gewesen und ein paar Geschwister wurden auch krank.


    Es wurde mir nur geraten die Ernährung umzustellen und zusätzlich Blutzuckersenkendes zu füttern.


    Er hatte so keine anderen Symptome. Weder vermehrt trinken, noch Gewichtsabnahme.
    Ich habe mich zwar im Internet darüber informiert, aber so eindeutigen Diabetes in dem Sinne hatte er nicht.
    Habe auch ein Blutzuckergerät angeschafft, aber er war zu sehr gestresst vom messen. Das musste ich leider abbrechen.
    Er kam gut zurecht und er zeigte nie irgendwelche anderen Symptome. Das er nur Licht, Schatten und Umrisse sehen konnte, störte ihn nicht. Die Einrichtung habe ich kaum verändert, damit er zurecht kommt. Er hatte auch Blasenentzündungen in der Zeit und man konnte kein Zucker mehr nachweisen.
    Was für mich hieß, dass er wieder auf einen normalen Weg war.
    Ich habe im Grunde einiges versäumt weiter zu untersuchen und war auch nicht bei den richtigen Tierärzten.


    Zum Schluss war er schwer krank und hatte Lungenprobleme. Er ist glaube mit 5/6 Jahren gestorben.


    Habt ihr auch ein Blutbild anfertigen lassen oder nur den Fructosaminwert?

  • Hallo Susanne,


    Vielen Dank für deine schnelle Antwort!


    Wir verwenden Caninsulin, was soweit ich weiss ein Basalinsulin ist. Aufgrund des Alters von Louis und aus der Tatsache heraus, dass er nicht übergewichtig ist, schließen meine Frau und ich, dass Louis einen Typ 1 Diabetes hat und seine Bauchspeicheldrüse insuffizient ist. Unsere Tierärztin hat das bestätigt.


    Insofern deckt sich deine Aussage mit unseren eigenen Vermutungen. Allerdings hatten wir bereits von einigen Stellen (Tierarzt, Msd-Healthcare, ...) gehört, dass bereits die jetzige Dosis immens ist und eher dem Bedarf einer Katze entspricht. Allerdings gehen die meisten nachlesbaren Aussagen wohl eher vom Typ 2 Diabetes und somit einer zumindest noch eingeschränkt funktionierenden Bauchspeicheldrüse aus.


    Zu den Werten: Ganz unsere Meinung! Aber selbst die Leute von MSD (die Caninsulin produzieren) geben als Zielwert "um 400" an. Uns kam das immer komisch vor, den ein derart vom Normbereich abweichender Wert kann ja kaum das Ziel sein.


    Darf ich fragen ob du durch medizinischen Hintergrund oder aus Erfahrung zu deinen Aussagen kommst? Du scheinst dich mit dem Thema gut auszukennen.


    Noch mal vielen Dank und viele Grüße,
    Patrick

  • Ich habe nur selber Diabetes. Natürlich ist 400 ein enorm hoher Wert, schon 200 sind nicht wenig, und natürlich ergibt das Schäden an den kleinen Gefäßen, allerdings ist es der Faktor Zeit, der die Schäden richtig schlimm werden lässt. Das kann ich kaum einschätzen, in wie weit in den 5 Jahren, die das Schweinchen noch lebt, Schäden schlimm werden können - bei mir geht es ja eher um über 40 Jahre, die ich noch mit diesen Gefäßen leben wollte.


    Ich denke aber auch, dass man Hunde schon deswegen höher einstellt, weil Hunde wenig gleichmäßig leben. Typischerweise wenige große Mahlzeiten, 3-4 Phasen intensiver körperlicher Aktivität gefolgt von vielen Stunden rumliegen und dösen. Das lässt den Blutzucker hoch und runter sausen, die Mahlzeit jagt ihn hoch, die Bewegung senkt ihn ab. Da muss man einfach mehr Polster einplanen für 2 Stunden Spiel auf der Hundewiese.


    Meerschweinchen leben gleichförmiger, so wirklich aktive Phasen gibt es nicht, eigentlich verbringen sie immer ein paar Minuten mit dösen, um danach wieder ein wenig zu fressen und dann wieder einige Minuten ruhen. Das ist ein dauernder Wechsel. Noch dazu braucht ihre Verdauung dauernde Nahrungszufuhr, also immer Heu, und im Falle von Diabetes dann eben auch immer ein wenig Gemüse, um es besser verteilen zu können. Daher denke ich, dass man da den Blutzucker auch strenger einstellen kann, weil sie eben nicht zwischendurch ein paar Stunden hochgradig aktiv sind und sie sowieso immer fressen. Gleichzeitig heißt Typ 1 ja auch, dass er Insulin braucht, um das aufgenommene Futter überhaupt im Stoffwechsel nutzen zu können, weil ihm ja sogar dafür das Insulin fehlt.


    Der Insulinbedarf bei Typ 2 ist wesentlich geringer, eben weil der Grundbedarf noch körpereigen gedeckt werden kann. Bei Typ 1 ist es ein vielfaches an Bedarf.

  • Ich habe mittlerweile mit insgesamt 6 (4 lebenden) Zuckerschweinchen etwas Erfahrung.


    6 Einheiten Insulin sind wirklich enorm für ein Meerschweinchen. Wir sind mit 2,4 IE einmal tägglich schon relativ hoch eingestellt. Anpeilen sollte man Blutwerte vor der Gabe von etwa 200, da gibt es keine Probleme.
    Auch wir nutzen Caninsulin. Darf ich fragen wie ihr das Insulin lagert? Bei mir steht das Insulin in der Kühlschranktür. Vielleicht wurde eure Flasche mal zu warm? Ich würde eine neue Flasche besorgen und mit niedrigerer Dosierung von vorn anfangen. Immer schütteln bis das Insulin trüb ist, bevor die Spritze aufgezogen wird.


    Wichtig ist den Blutzuckerspiegel langsam einzustellen. Ich bleibe immer mindestens eine Woche bei einer Dosis und beobachte ob der Blutzuckerspiegel sich langsam senkt. Oft dauert das. Wenn nicht, geht es 0,4 IE nach oben.
    Die Fütterung hatte hier keinen nennenswerten Einfluss auf den Blutzucker. Die Tiere stopfen dann im Zweifelsfall ununterbrochen Heu, Stroh, Einstreu oder alles was sie finden können in sich rein.


    Beobachte bitte auch die anderen Tiere der Gruppe. Wenn es sich wie bei mir um die ansteckende Form handelt und nicht genetisch bedingt ist, wirst du vielleicht bald mehrere Tiere behandeln müssen. Urinstreifen eignen sich gut für eine frühe Erkennung.

  • Die angebrochene Ampulle Insulin lagert man am besten bei Zimmertemperatur, bis 30 Grad hält das geöffnet 6 Wochen lang. Es darf aber auf keinen Fall einfrieren, daher muss man im Kühlschrank aufpassen, dass es nicht nach hinten rutscht, sondern Tür oder Gemüsefach wählen. Was einmal gefroren ist, muss sofort entsorgt werden, es wirkt dann nicht mehr.


    Kühlschrankkaltes Insulin tut beim Spritzen wirklich weh. Daher bitte für die tägliche Dosis mindestens eine Stunde vorher aus dem Kühlschrank holen oder gleich bei Zimmertemperatur lagern. Das sind ja wirklich vermeidbare Schmerzen, und zwar echt fiese. Sonst spürt man es nur, wenn man mit der Kanüle eine doofe Stelle erwischt, aber kaltes Insulin tut locker 10 Minuten weh - und wird auch schlechter vom Körper aufgenommen, da bildet sich leicht ein Batzen unter der Haut.

  • Das gilt für die langfristige Lagerung, die kurzfristige Lagerung der angebrochenen Kanüle/des Pens ist ideal bei Zimmertemperatur. Ich spritze mir 4x am Tag Insulin, Du darfst mir glauben, dass es kühlschrankkalt wirklich Schmerzhaft ist, und nur mal zwei Minuten mit der Hand anwärmen einfach nicht reicht. Die kurzfristige Lagerung darf auch bis zur Körpertemperatur gehen, etwa Insulinpumpen sind ja direkt auf der Haut, da ist auch ein kleiner Vorrat für einige Tage drin. Jetzt bitte nicht auf die Idee kommen, es als Gesunder auszutesten, aber schon bei einem erwachsenen Menschen tun 8 Einheiten aus dem Kühlschrank fies weh, wie fühlt sich das dann bei einem Tier an?