• Vorwort

    Wir sagen manchmal "wenn Tiere nur reden könnten" - dabei können viele es doch. Und jeder, der Meerschweinchen kennt, weiß, dass sie es können! Der Punkt ist nicht, dass sie sprachlos wären, sondern dass wir Menschen ihre Sprache - und ihr Denken und ihre Empfindungen - nur in mehr oder minder kleinen Ansätzen verstehen.


    Im Bewusstsein dieses menschlichen Unvermögens habe ich versucht, Episoden aus dem Leben unserer Schweinchen aus ihrer Sicht zu erzählen. Dabei musste ich interpretieren, Vermutungen anstellen und für die Anfangszeit aus Berichten anderer ableiten. Aber ich habe versucht, immer bei den Tatsachen zu bleiben.


    Damit wir möglichst die Sicht der Schweinchen erleben, "erzählt" Dachsi selbst - und vielleicht später auch seine Freunde.


    Nachtrag: Über Kommentare und Fragen freue ich mich natürlich auch zu diesem Thema. Da hier wegen des Erzählflusses bei anderen Mitgliedern Hemmungen zu schreiben bestanden, habe ich dieses Thema für Kommentare geschlossen und ein eigenes dafür angelegt: Austausch zu "Ein Schweinejunge erzählt"

  • Kapitel 1

    Unser Leben in der blauen Wohnung

    Heute will ich damit beginnen, von uns zu erzählen. Die Menschen nennen mich "Dachsi". Wie meine Mama mich nannte, weiß ich leider nicht mehr, und wie mein Bruder mich nennt, bleibt unser Geheimnis. Da wir ja ein Zweibein als Sekretärin haben, muss ich ohnehin alles in Worte fassen, die sie und Ihr versteht. Und so werde ich meinen Bruder hier auch wie die Menschen "Wuschel" nennen.



    Auf dem Foto seht Ihr, wie es in unserem neuen Zuhause anfing. Aber ich erinnere mich auch noch an Dinge, die vorher lagen. Da wohnten wir auch schon hinter diesen blauen Stäben. Neben uns wohnten zwei sonderbare Schweinchen. Die hatten gaaanz lange Ohren, waren viel größer als wir und wenn wir sie mal sehen konnten, hoppelten sie so eigenartig. Aber noch fremdartiger war ein sehr großes Schweinchen, dass manchmal aufgeregt vor uns herumrannte und furchtbar laut war. Das hat uns richtig Angst gemacht. Zum Glück rief manchmal ein Mensch "hör auf zu bellen" oder "nein, die kannst Du nicht fressen". Da waren die blauen Stäbe auf einmal sogar gut; aber wir haben uns zusätzlich ganz tief in unserem Haus versteckt.


    Ja, wir hatten damals noch ein gemeinsames Haus. Wenn wir Angst hatten, und das kam leider oft vor, dann war es ja gut, eng aneinander gedrückt im gleichen Versteck zu sitzen. Aber jeden Tag und jede Nacht wollte ich eigentlich nicht mit meinem Bruder dicht an dicht sitzen - er sicherlich auch nicht mit mir. Wenn die Luft rein war, saß daher einer von uns oft auf dem Haus, während der andere drinnen sein durfte.


    Das Essen mussten wir auch immer teilen, auch wenn es eigentlich schon für einen zu wenig gewesen wäre. Heu gab es ja immer, aber manche Menschen wissen leider nicht, was gutes Heu ist. Abends gab es dann mal ein Stück Gemüse. Das hat sooo gut geschmeckt, aber war viel zu schnell weg. Irgendwie hatten die Menschen zwar gehört, dass Trockenfutter nicht gut ist, aber wieviel wir von anderem leckeren Futter brauchen, wussten sie anscheinend nicht. Sie waren ja nicht böse; sie haben aber uns und unsere Bedürfnisse leider oft nicht verstanden.


    Aber es sollte nicht immer so weitergehen. Davon will ich beim nächsten Mal erzählen.

  • Kapitel 2

    Unsere Welt gerät aus den Fugen

    Ich erinnere mich lebhaft an einen Abend, als wir fremde Stimmen hörten und fremde Gerüche aufnahmen. Plötzlich - ohne jede Vorwarnung - wurde unser Versteck hochgenommen. Wir rannten voller Panik in unserer blauen Wohnung hin und her, bis die eine fremde Stimme sagte "Die haben ja solche Angst; stell bitte schnell das Haus wieder rein."


    Aber das war nicht der letzte Schrecken an jenem Abend, dem 15.02.2019. Auf einmal fing unsere ganze Wohnung an zu beben. Gesehen haben wir nichts, weil wir uns natürlich im Haus versteckt hielten, aber alles schwankte und wir hatten das Gefühl zu schweben. Die fremden Stimmen waren ganz nah, hörten sich aber irgendwie nicht nur bedrohlich an. Mein Bruder meinte sogar "Die reden mit uns!"


    Auf einmal hörte das Schwanken auf und wir waren irgendwo in einer fremden Welt. Aber die Ruhe war trügerisch. Nach kurzer Stille gab es ein neues fremdes Geräusch und das Geschaukel fing wieder an. Die eine Stimme sagte etwas wie "Ihr braucht keine Angst zu haben. Ihr fahrt jetzt mit uns nach Hause!"


    Das war ja gut gemeint - nur wie soll man da keine Angst haben? Wir hatten oft geträumt, dass es doch mehr geben müsste im Leben, als das Zimmer, in dem wir mit unserer blauen Wohnung standen. Vor langer, langer Zeit hatten wir ab und an ein paar Stunden im Schlaraffenland verbracht. Stellt Euch das vor: Wir saßen da mitten in herrlich frischem Gras! Das hat geschmeckt! Und die Luft war ganz anders und es gab soviel zu riechen, zu hören und zu sehen. Damals waren wir noch Kinder und unvorsichtig - aber es war einfach schön! Das hätte immer so weitergehen können. Nur leider wurden wir jedesmal nach kurzem wieder in unsere blaue Wohnung zurückgebracht. Und dann gab es auch diese Ausflüge ins Schlaraffenland nicht mehr.


    Ja, und nun wurde der Traum wahr: Alles veränderte sich; aber war das nicht eher ein Albtraum? Da war keine Wiese, nichts was wir kannten, außer unserer blauen Wohnung. Und dennoch befiel uns eine sonderbare Aufregung. Wir liefen beide in unserer Wohnung herum, kletterten durch die Heuraufe und hatten kurzzeitig gar nicht mehr solche Angst.


    Was soll ich sagen? Die Realität holte uns ein. Das Brummen hörte auf, das Schaukeln wurde wieder stärker und kalt wurde es auch noch. Aber dann kam auf einmal Ruhe. Unsere Wohnung war in einer neuen Welt gelandet. Zunächst hörten und rochen wir nur lauter Neues. Wir saßen tief hinten in unserem Haus aneinander gedrückt. Da blieben wir auch für den Rest des Abends. Erst in der Nacht, als alles still war und kein Fremder mehr im Raum schien, wagten wir uns aus dem Haus.


    Warum unser Haus auf dem Foto nicht zu sehen ist und wie es mit uns in der neuen Welt weiterging, will ich Euch demnächst erzählen.

  • Kapitel 3

    Mutproben

    Da waren wir nun in der neuen Welt: zwei Schweinejungs von 10 Monaten, lang, dünn und hochbeinig - und vor allem furchtbar ängstlich. Immerhin konnten wir überrascht feststellen, dass das Heu in der Raufe viel besser schmeckte als bisher und Gemüse gab es auch immer wieder in kleinen Portionen. Ich fürchte, Wuschel hatte trotzdem anfangs etwas Bauchweh. Er lief oft mit etwas gekrümmtem Rücken. Wir hätten natürlich am liebsten immer weiter gefuttert von den leckeren Sachen, aber im Rückblick muss ich sagen, das wäre uns wahrscheinlich gar nicht gut bekommen.


    Ganz doof fanden wir allerdings, dass die neuen Zweibeiner meinten, wir sollten auch Futter aus ihrer Hand nehmen. Stellt Euch das mal vor! Wenn Zweibeiner so schöne, zarte Pfoten hätten wie wir Meerschweinchen, wäre das ja kein Problem. Aber was ein Zweibein seine Hand nennt, ist ja fast so groß wie ein ganzes Schweinchen! Und die Hand kommt ja nicht alleine; da hängt ja noch das ganze Zweibein dran! Nein, lieber verhungern wir - das war unser fester Entschluss!


    Tja, aber Ihr wisst ja, wie es mit guten Vorsätzen so gehen kann. Die dumme Hand kam immer wieder in unsere blaue Wohnung und hielt leckeres Gemüse hin. Zum Glück kam sie nie in unser Haus, in dem wir uns ganz weit hinten zusammengedrückt hatten. Sehen konnten wir die Hand nicht, aber die Stimme redete immer ruhig mit uns und natürlich roch das Gemüse verführerisch.


    Was soll ich sagen: Irgendwann habe ich es gewagt und vorsichtig den Kopf ein wenig aus dem Haus herausgestreckt und schnell das Gemüse geschnappt. Ich hatte es überlebt! Aber die Freude währte kurz. Mein frecher Bruder wollte das Stück haben. Ich hätte es ja wissen müssen!


    Ich erinnere mich nicht mehr genau, aber irgendwie haben wir wohl die ersten Stücke geteilt. Denn so frech mein Bruder bei mir sein konnte, vorgetraut hat er sich nie. Aber bald war ich etwas entspannter und nahm ein Stück, Wuschel schnappte es sich und ich holte ein neues für mich. Denn das hatte ich schnell verstanden: Wenn einem hier Futter weggenommen wird, braucht man sich nicht aufzuregen. Man geht einfach noch einmal zu der Hand und lässt sich ein neues Stück geben.


    Das Futterholen war aber nicht die einzige Mutprobe, die wir zu bestehen hatten. Die neuen Zweibeiner saßen öfters in der Nähe unserer blauen Wohnung. Oft futterten sie dabei auch noch selbst. Und das konnte wir nicht mitansehen oder -hören in unserem Versteck. Solange sie ruhig am Tisch saßen, wagten wir uns aus unserem Haus heraus und fingen auch an zu futtern. Manchmal rannten wir dann sogar herum, sprangen auf unser Haus und wieder herunter. Aber sobald sich einer von ihnen zu sehr bewegte, waren wir natürlich wieder weg, tief in unserem Haus.


    Hatten wir unseren Mut jetzt nicht schon soweit wie möglich bewiesen? Wahrscheinlich nicht, denn es warteten bald die nächsten Herausforderungen auf uns ...

  • Kapitel 4

    Dumme und weniger dumme Ideen

    So ging das einige Tage bis die Zweibeiner die nächste sonderbare Idee hatten. Unsere blaue Wohnung schwebte ja in unserem neuen Zuhause über dem Boden. Das fanden wir gut, weil die Zweibeiner dann nicht ganz so riesig waren. Aber es hatte auch einen Nachteil: Wir konnten nicht aus unserer blauen Wohnung aussteigen - wir sind ja keine Vögel, die fliegen können.


    Naja, Menschen haben ja für alles eine Lösung, wenn auch nicht immer die beste. Die Zweibeiner hoben unsere blaue Wohnung an, trugen sie in den nächsten Raum und setzten sie auf dem Boden ab. Zu allem Überfluss nahmen sie auch noch das schützende Gitter weg. Die meinten doch nicht etwa, dass wir hier aus unserem Haus herauskommen oder gar unsere Wohnung verlassen würden? Nie und nimmer! Nach mehreren stundenlangen Fehlversuchen hatten die Zweibeiner verstanden, dass es so nie etwas wird mit unserem Auslauf.


    Doch die nächste Idee ließ nicht lange auf sich warten. Und das kam so: Auch nach Tagen saßen wir immer noch sehr, sehr oft in unserem Haus beide zusammen. Wir konnten ja auch nicht beobachten, was draußen geschah und malten uns schlimme Sachen aus, die vor unserer Tür auf uns lauern könnten. Hingehen und nachschauen war uns oft zu gefährlich, also blieben wir im Haus.


    Stellt Euch vor, was dann geschah: Das eine Zweibein nahm unser Haus langsam hoch - Hilfe! - und stellte statt dessen ein viel größeres Versteck hinein. Das war nur oben und an den Seiten geschlossen und vorne ganz offen! Es war so breit wie unsere blaue Wohnung, wie Ihr es auf dem ersten Foto seht. Es bot uns somit viel Deckung, aber wir konnten und mussten jetzt mehr von der Welt sehen; ganz verstecken ging ja nicht mehr.


    Ich glaube, wenn wir panisch herumgerast wären, hätten sie uns unser Haus wiedergegeben. Aber eigentlich fanden wir den Tausch gar nicht so schlecht. Wir konnten jetzt alles beobachten und sahen, dass es gar nicht so gefährlich war, selbst wenn ein Zweibein im Raum war.


    Kaum hatten wir uns an unser neues Dach über dem Kopf gewöhnt, nahte das nächste Abenteuer ...

  • Kapitel 5

    Hilfe! Die Greifer!

    Nun lebten wir schon ein paar Wochen in der neuen Welt, aber die blauen Stäbe waren immer noch um uns herum. Zugegeben: Sie waren ja mehrfach entfernt worden, damit wir unsere Wohnung verlassen sollten, aber wir waren ja nicht lebensmüde! Dummerweise - oder vielleicht besser gesagt zum Glück - wollten die Zweibeiner das nicht einfach hinnehmen.


    Als wieder einmal die Hand durch unsere Tür gestreckt wurde, dachten wir uns nichts Schlimmes. Im Gegenteil: so wurde hier ja oft Futter angeliefert! Aber nein, Hilfe! Die Hand hat einen von uns gegriffen und herausgezogen! Das war hier noch nie passiert! Sie hatte immer schön Abstand von uns gehalten - und jetzt das! Kaum saß der erste auf dem Arm, reichte das zweite Zweibein in den Käfig und griff den Bruder heraus. Wir waren beide starr vor Schreck. Die Greifer hielten uns fest und trugen uns in eine weitere für uns fremde Welt.


    Als wir kurz darauf abgesetzt wurden, sahen wir zum Glück gleich gute Verstecke. Aus der Deckung heraus lernten wir die neue Welt kennen. Bald drehten wir auch einige übermütige Runde und freuten uns über den vielen Platz. Naja, wenn ich das mit unserem heutigen Lebensraum vergleiche, war das nicht viel, aber es war viel, viel mehr als das, was unsere blaue Wohnung uns bisher geboten hatte.




    Leider schien das Glück nicht von langer Dauer. Abends kamen die Greifer wieder! Anfangs dachten wir immer, jetzt werden wir gefressen. Aber - auch wenn man es sich nicht vorstellen kann - nach ein paar Tagen, hatten wir uns an das Hin- und Her etwas gewöhnt und waren entspannter auf der Reise zwischen den Welten. Zudem gab es immer leckeres Gemüse, nach der Rückkehr in unsere blaue Wohnung - und für Futter waren und sind wir ja immer zu haben.


    Wenn das Zweibein uns gefragt hätte, hätten wir ihm schon erklärt, wie wir dauerhaft in der neuen Welt hätten leben könnten. Aber uns fragt ja meistens keiner - und bis die Zweibeiner selbst die richtige Lösung finden ... das kann dauern.


    Aber immerhin ließ die nächste Verbesserung nicht lange auf sich warten ...

  • Kapitel 6

    Was wird denn das?

    Als wir eines Morgens wieder in unser Tagesquartier gebracht wurden, sah dort alles anders aus. Überall standen und lagen Bretter und andere fremde Sachen herum. Und diese Bretter waren riiieeesig. Stellt Euch das mal vor: einige waren mindestens zwanzigmal so groß wie ein ausgewachsener Schweinemann! Und ich muss sagen, da beeindruckten mich unsere Menschen. Die konnten diese Monsterbretter sogar heben!


    Nachdem unser erster Schreck über die neuen Sachen überwunden war, musste ich meiner Verantwortung gerecht werden und das Fremde untersuchen. Vorsichtig aber zielstrebig näherte ich mich den fraglichen Gegenständen, die auf dem Boden lagen. Besonders interessant fand ich ein Ding, dass wie ein viel zu groß geratenes Insekt mit langem Stachel aussah. Es roch fremd - nur ein wenig hing der Duft von unseren Menschen daran - und es bewegte sich nicht. Dieses Ding nahm später eines der beiden Zweibeine hoch und hielt es an die Bretter. Da machte es einen furchtbaren Lärm und fraß Löcher in das Holz. Das arme Ding musste ja schrecklich hungrig gewesen sein.


    Unsere Menschen werkelten stundenlang herum und wir fragten uns zwischendurch immer wieder, was das denn werden soll. Am Ende schleppten sie zu unserem Erstaunen unsere blaue Wohnung in ihr halbfertiges Werk. Und so konnten wir die erste Nacht in der oberen Welt verbringen - noch hinter unseren vertrauten Stäben.


    An einem der nächsten Abende kam die nächste Überraschung: unsere blaue Wohnung war weg! Wir wurden direkt in dem neu gebauten und mittlerweile eingerichteten Gebilde abgesetzt. Zum Glück stand mit unserem großen Unterstand etwas Vertrautes darin. Jetzt gab es kein Halten mehr: Wir mussten alles erkunden und rannten freudig in dem "Gehege" - so nannten es unsere Menschen - herum.




    Da unser neues Nachtquartier an drei Seiten durchsichtig war, konnten wir unsere Mitbewohner immer beobachten. Am ersten Abend benahmen sie sich besonders lustig: Sie saßen uns gegenüber, beobachteten uns, hielten jeder ein Glas in der Hand und feierten. Sie waren von unserem neuen Gehege anscheinend genauso begeistert wie wir!


    Nur eines haben wir nicht verstanden: Warum haben sie sich zur Feier des Tages nicht etwas Gutes wie eine Karotte, eine Gurke oder eine große Portion Wiese gegönnt?


    Bei unserem nächsten Abenteuer zeigte sich dann leider, dass umgekehrt unsere Menschen uns auch noch nicht immer verstanden.

  • Kapitel 7

    Angst und Schrecken

    Erinnert Ihr Euch an meine Erzählung vom Schlaraffenland? Uns ging es in den letzten Monaten wirklich gut - viel besser als wir es nach unserer schweren Kindheit und Jugendzeit erwartet hatten. Aber eine Rückkehr in das Schlaraffenland hatten wir hier leider bisher nicht erlebt. So blieb eine fast nicht in Worte zu fassende Sehnsucht in uns ungestillt - bis zu einem warmen Tag im Frühjahr 2019.


    Wir waren erstaunt, als wir mitten am Tag hochgehoben und dann auch noch die Treppe herunter, durch das Haus und hinaus in den Garten getragen wurden. Dass das der Garten war, haben wir erst später wahrgenommen. Zunächst waren wir nur starr vor Schreck. Und dann kam das Schlimmste von allem: Wir wurden mitten in einer grünen Wildnis abgesetzt. Kein Haus, kein Tunnel in Sicht, alles fremd ... HILFE!


    Wir rannte beide kopflos davon und machten erst halt, als wir an einem Gitter ankamen. Dort kauerten wir uns hin, um möglichst wenig gesehen zu werden. In unserer Panik waren wir auch noch in verschiedene Richtungen gerannt. So konnten wir uns nicht einmal hinter dem anderen verstecken. Es war einfach nur entsetzlich!


    Sagt jetzt bitte nicht: Warum ist denn nicht einer zum anderen gelaufen?


    Wie hätten wir das machen sollen? Jeder Schritt hätte uns den Tod bringen können. Wir wussten ja nicht, welche Gefahren auf uns lauerten. Wir wussten eigentlich gar nichts mehr - außer dass wir schreckliche Angst hatten. Und da kam auch schon etwas Riesiges auf uns zu. Wir rannten um unser Leben!


    Und selbst als wir zwischen Todesangst und verzweifelter Suche nach einem Versteck, erkannten, dass unsere Menschen uns verfolgten, war das kaum eine Beruhigung. Sie hatten uns ja in diese schreckliche Lage gebracht. Wer weiß, was sie jetzt mit uns vorhatten?


    Letztlich gelang es ihnen, uns beide zu greifen und sie trugen uns wieder zurück in unsere vertraute Welt. Diesen Schrecken mussten wir erst einmal verarbeiten. Aus menschlicher Sicht hört sich das vielleicht harmlos oder gar niedlich an, aber unsere Angst war sehr real!


    Wenigstens hatten unsere Menschen aus dieser schlimmen Geschichte gelernt. Etwa zwei Tage später setzten sie uns in einen sehr kleinen blauen Raum, den sie "Transportkorb" nannten. Darin trugen sie uns in den Garten, setzten uns auf dem Boden ab und öffneten die Tür. So konnten wir erst einmal die Lage sondieren. Nachdem wir uns orientiert hatten und Verstecke sahen - ja, sie waren diesesmal da! - gingen wir vorsichtig aus dem Korb heraus.


    So ganz geheuer war es uns noch nicht. Aber wir merkten bald, dass man die grüne Wildnis futtern konnte. Hatten wir vielleicht endlich das Schlaraffenland wiedergefunden?


    Wir waren keine unbedarften Kinder mehr, wie in jenen Stunden, an die wir so gerne zurückdachten. Daher brauchte es ein paar Aufenthalte im Garten, bis wir entspannt waren. Aber dann war es noch schöner als in unserer Erinnerung: Wir hatten viel Platz, das hohe Gitter um und über uns gab uns Sicherheit und wir konnten viel länger draußen bleiben als in unserer Kindheit. Auch wenn uns manchmal Vögel Angst machten oder andere fremde Geräusche, wurden wir immer mutiger und fingen an, das Leben im Schlaraffenland in vollen Zügen zu genießen.






    So waren wir, zwei fast erwachsene Schweinejungs, nun glücklich angekommen in unserer neuen Heimat im Haus und im Garten. Und so ging es dann immer weiter? Weit gefehlt! Es warteten neue Abenteuer auf uns!