Meerschweinchen Krankheiten / Gesundheit

Kastraionen bei Böckchen...?

Umgang mit kranken Schweinchen, Therapien, Medikamente und Heilungsverlauf.

  • Ich habe mich zwar bisher immer strikt gegen Kastrationen gewehrt, weil es natürlich nicht natürlich ist, allerdings scheine ich mit dieser Meinung komplett alleine zu stehen. Wirklich JEDER andere Meeriehalter, mit dem ich geredet habe, hat mir zu einer Kastration meiner Böckchen geraten. Und da mein unterwürfiges Böckchen jetzt gestorben ist und der andere sehr dominant ist, wird es wohl sehr schwierig, ein passendes Böckchen zu finden. Also bleibt wohl keine Alternative, als die Kastration... :-(


    In mir sträubt sich wirklich ALLES dagegen, aber mittlerweile habe ich das Gefühl, dass ich meinem Böckchen etwas Schlimmes antue, wenn ich ihn nur mit Böckchen zusammensetze.


    Und naja, mir sagen alle, dass das so harmlos sein soll...


    Wie ist eure Erfahrung? Ich frage hier wirklich nur die Leute, die ein Tier VOR und NACH der Operation sehen konnten. Hat sich das Tier im Wesen verändert? Wirkte das Tier irgendwie verstört oder anders nach der OP? Und wie groß ist die prozentuale Gefahr, dass das Tier bei der OP stirbt? (Da ich sowieso in Berlin wohne, würde ich diese eine berühmte Tierärztin aufsuchen... Habe den Namen gerade nicht im Kopf...) Und wie oft kommen Abszesse an der OP-Wunde vor? Hat einer von euch schon ein Tier durch die OP oder durch eine Folge der OP verloren?


    Außerdem: mein jetziges Böckchen ist ja nun alleine übrig und hat sich im Gegensatz zum verstorbenen Bruder NIE an Menschen gewöhnen können. Das heißt, er wird jetzt auch in der Praxis unter massivem Stress stehen. Hat das einen großen Einfluss auf die OP etc.? Steigt dadurch die Gefahr, dass sein Herz schlapp macht?

  • Hatte einen Bock, bei dem ich dir von Vorher-/Nachher- Erfahrungen erzählen kann. Er war rund 1 Jahr alt, als er zu mir gekommen ist, ich habe ihn aber aufwachsen sehen.


    Das Wesen hat sich null verändert. Etwa zwei Stunden nach der OP war er wach, munter hat gefressen und ist wieder durch die Gegend gefetzt. Noch vor Ablauf der Kastrat-Quarantäne hat sich ein Abszess gebildet, der mit einem guten TA (nach einigen schlechten TA) dann auch schnell abgeheilt ist. Als er seine Mädels bekam, war er das glücklichste Schweinchen das ich je gesehen habe. :wink: Bis ins hohe Alter war er aktiv, fröhlich und sowohl Menschen- als auch Meerschweinchenbezogen.


    Ein halbwegs fittes Tier steckt den TA-Stress problemlos weg. Keines meiner Tiere wollte von fremden Menschen angefasst und gepiekst werden.


    Habe hier bei rund 30 (grobe Schätzung, werden mehr sein) Vollnarkosen noch kein Tier verloren, auch nicht in Folge einer Operation, obwohl die meisten OPs hier nicht nur kleine Lappalien waren.

  • Okay, vielen Dank für deine Antwort. Das beruhigt mich jetzt irgendwie doch sehr. Und musste dieser Bock (oder ein anderer Bock von dir) die Kastra-Phase schonmal alleine absitzen? Überstehen die Tiere das gut?

  • Hallo Kaddie,


    "natürlich" ist es aber genauso wenig, einen Bock mit anderen Böcken zusammen zu halten. :wink:


    Eine Kastration ist mittlerweile ein kleiner Eingriff, der nur ein paar Minuten dauert. Hier hatte ich noch nie Probleme bei Jungs mit/nach einer Kastration. Sicher wird kein Schwein gern angefasst und TA-Besuche sind immer stressig. Aber ein gesundes Tier wird das problemlos überstehen.


    Ein "frischer" Kastrat, der (nach Kastra-Frist natürlich) zu Mädels darf, ist unter Umständen genauso "aktiv" wie ein unkastrierter Bock.
    Und wenn Böcke zusammen leben, finde ich Kastrationen auch sehr sinnvoll. Tiere haben einfach die Instinkte, sich vermehren zu wollen. Ich denke, dass besonders unkastrierte Böcke schon sexuell frustrierst sind und sich deshalb auch eher Streitereien entwickeln. Wenn sie nach der Kastra etwas ruhiger werden, schadet das ja nicht sondern tut ihnen eher gut.


    Du darfst dabei nicht vergessen, dass den Böcken nicht das Hirn entfernt wird, sondern nur die Kronjuwelen - es sind trotzdem noch Männer, nur halt ohne lästigen Hormonstau :lol:


    Sicher sind sie nach der Narkose etwas wackelig, aber das ist nach ein paar Stunden vergessen. Weder hier noch in der NS, wo ich mithelfe, gab es in den letzten Jahren irgendwelche Probleme nach Kastrationen. Und du hättest in Berlin ja sogar die Möglichkeit, zu Frau Ewrigmann zu gehen :wink:

  • Dieser Bock musste alleine sitzen. Er hatte davor leider auch keine Gesellschaft und hatte die Mädels nur immer vor seiner Nase :? Er hat die Frist bei mir dann gut rumgebracht, hat gut gefressen und war neugierig. Ist schon nachvollziehbar, das manche Halter ihre Tiere auch allein für "glücklich" halten. Ein bisschen nervig war er (Schreien, Gitternagen), weil ihm langweilig war und er durchaus auch Frust geschoben hat. Was richtiges Meerschweinchenglück ist, konnte man schnell sehen, als er dann endlich seine Mädels bekommen hat. Dann weiß man, das sich alles gelohnt hat.

  • Ohne die anderen Beiträge gelesen zu haben:
    Ich hatte einen Bock, der aus gesundheitlichen Gründen nicht kastriert werden konnte. Er war auch ziemlich dominant und mit einem normalen Kastraten klappte es auf lange Sicht nicht aufgrund der Rappelphase. Als ich ihm aber einen Frühkastraten dazugesetzt habe, lief alles perfekt. Die beiden waren ein Herz und eine Seele.


    Letztendlich musst du entscheiden, was besser ist. MIR wäre es lieber gewesen, meinen Bock kastrieren zu lassen, was aber nicht möglich war. Mir blieb also keine andere Wahl. Hätte ich sie gehabt, hätte ich ihn nämlich zu meiner Weibchengruppe gesetzt, was einfach natürlicher ist.

  • Hallo!


    Die Kastration ist eine Sache von 10 Minuten plus Nachschlafzeit. Drei Tage später haben die Schweinchen das ganze sowieso vergessen, und nachdem die nebennieren einen Teil der Hormonproduktion übernehmen sind sie auch keine "Neutren" sondern weiterhin Böcke - nur auf niedrigerem Hormonlevel.


    Bockgruppen finde ich wesentlich unnatürlicher. In der Natur würden sich vielleicht Jungböcke mit ein paar Leidensgenossen in der Nähe von anderen Schweinegruppen aufhalten, und auch ein Stück weit zusammen halten, weil das ihre Überlebenschancen deutlich vergrößert. Aber sobald sie eine Chance sehen würden eigene Weibchen zu erobern würden sie diese Junggesellengruppe sofort verlassen und ihr ganz sicher nicht nachtrauern.


    Das ist halt eine Notlösung für Halbwüchsige, aber kein Bock würde da jahrelang freiwillig mit Böcken leben.


    Ich musste auch 2x Nottiere die Kastra-Zeit alleine absitzen lassen. Klar, schön ist was anderes, aber sie haben es überstanden. Unterm Strich geht es ja noch nicht mal wesentlich schneller, einen bockgruppen-geeigneten Partner in ähnlichem Alter zu finden, diese Kombi "Opa-Baby" ist ja erst recht unglücklich, weil Babys eben auch irgendwann Teenager werden und da das Verhältnis ganz böse kippen kann.


    Ob ein Bock jetzt 6 Wochen Kastrazeit absitzt oder 3,5 Wochen, bis man endlich einen halbwegs passenden neuen Partner gefunden hat, ist ja jetzt auch schon wurst.

  • Hallo, wir "kennen" uns ja schon von deiner Frage zu dem Kastraten Zippy :)
    Ich bin selber TFA und habe sowohl in der Praxis als auch bei meinen Notschweinchen schon jede Menge Kastrationen mitgemacht, ich könnte gar nicht sagen, wieviele insgesamt... So um die 150, 200.
    In den ganzen Jahren ist ein einziges Tier gestorben, ein junges Böckchen. Es war aber vorher schon in einem schlechten Allgemein- und vor allem Futterzustand. Lässt man aber ein gesundes Tier kastrieren, geht das Risiko gegen null!
    Wir haben immer mit Injektionsnarkose operiert, lieber etwas niedriger dosiert und dann die Hoden lokal unterspritzt. Wichtig ist vor allem: Wärme und Infusion (haben immer so 10- 20 ml + Vitamine gespritzt - angewärmt!)
    Du meinst die TÄ Dr. Ewringmann? Die ist sehr gut und arbeitet mit Inhalationsnarkose. Ich hatte selbst das weibl. Kaninchen meiner Schwester dort kastrieren lassen - es lief alles super. Das Team ist toll und man fühlt sich dort echt gut betreut.
    Es gibt aber auch eine Reihe anderer TÄ in Berlin, die Ahnung von Meerschweinchen/ Kaninchen haben.
    Gehst du noch zur Schule? Dann nutze jetzt die Ferien dazu, dann hast du keinen Zeitdruck, kannst jeden Termin dazu wahrnehmen, hast Zeit, um deinen Bock zu verhätscheln und zu beobachten!


    Du selbst kannst ganz viel für dein Schwein tun, vor und nach der OP:
    1. such dir einen TA, bei dem du dich gut aufgehoben fühlst.
    2. lass dir alles genau erklären: Vorbereitung der OP, welche Narkose und warum, wer operiert, werden die Tiere während und nach der OP gewärmt? Gibt es einen extra OP- Raum, spezielle OP- Zeiten oder wird das "fix neben der Sprechstunde" gemacht? Bekommen sie Infusion? Gibt es einen separaten, ruhigen Aufwachraum?
    Geben sie Schmerzmittel (eigentlich nicht nötig, aber gut), Antibiotika (lieber nicht, unnötig und man gibt schnell mal eines, das für Schweine nicht gut ist)
    Schreib dir die Fragen auf einen Zettel und nimm den mit in die Praxis, dann bist du vorbereitet.
    3. einige Zeit vor der OP solltest du deinem Schwein viel mehr Vitamine gönnen, Studien belegen, dass eine erhöhte VitC- Gabe die Wundheilung deutlich verbessert. Und viel Flüssigkeit!
    4. Schweine dürfen nie nüchtern kastriert werden, auch auf dem Weg zur Praxis und dort sollte dein Tier immer Heu und sein frisches Lieblingsgemüse dabei haben, damit es auch wirklich frisst.
    5. ganz wichtig ist, dass das Schwein in der Praxis komplett aufwacht. Lass es dir nicht bloß mitgeben, wenn es um 17 Uhr kastriert wurde, weil sie um 18 Uhr zu machen. Dann lass es lieber in der Praxis übernachten (noch Frischfutter da?!), das ist immer besser, als dem frisch operierten Tier gleich eine kreislaufbelastende Reise zuzumuten!
    6. auf der Heimfahrt: das Tier warm halten! Es ist jetzt schon echt kalt, lieber ein Snuggle unter die Transportbox schieben! Wieder an frisches Futter denken!
    7. das Tier in Ruhe lassen: kein Fernseher, nicht zigmal abends Licht anschalten und Haus hochnehmen, um zu gucken, ob es noch lebt.
    (Wenn es wieder richtig aus der Narkose raus ist, passiert eh nix mehr, außer man lässt es auskühlen und aushungern! Diese Tipps dienen dazu, dass es deinem Bock besser bei/ nach der OP geht!)
    8. Frischfutter, Vitamine, Flüssigkeit (gerne auch mal lauwarmer Fencheltee/ Salbeitee)
    9. wieder das Schwein in Ruhe lassen. Du brauchst deinen Kastraten nicht dreimal am Tag hochnehmen, um zu gucken, ob die Wunde dick ist/ eitert. Das passiert auch nur sehr selten und liegt an schmutziger Haltung (am besten lässt du ihn den ersten Tag auf einem sauberen Handtuch sitzen und nimmst vorher die alte Streu aus dem Gehege). Die Wunde nicht anfassen/ dran rumdrücken! Wenn das Schwein dran rum nagt, ist das nicht schlimm. Die wird zwar mit 1 - 2 Stichen verschlossen, ist aber ziemlich schnell verklebt, so dass da nichts "aufgeht".
    10. Nerv deinen TA! Frage viel, lass dir alles genau erklären. Wenn was komisch ist, ruf an oder fahr direkt wieder hin und lass nachgucken. Nerv lieber 10 mal unnötig, besser, als dass doch was ist.
    Niemand wird dich für doof oder lästig halten, sondern es toll finden, wie du dich um dein Tier sorgst und dir gerne helfen.


    Kastration ist immer gut!
    Ich habe nie gedacht, ach, hätte ich den mal lieber nicht kastrieren lassen. Mein Vinnie war ca. ein Jahr lang Gesellschaft für einen alten Bock. Ich habe ihn frühkastrieren lassen, sie haben sich immer gut verstanden. Jetzt, nachdem der Bock gestorben ist, hat Vinnie 4 dicke Weiber bekommen- und er ist ein neues Schwein! Er ist so lustig geworden, flitzt ganz viel rum, kümmert sich um alle Mädchen, muss ihnen das Futter klauen... Und er ist so zahm und lieb, lässt sich streicheln wie eine Katze.
    Ich habe meinen Tierbesitzern (vor allem die Hundebesitzer hatten da immer Sorgen) immer erklärt, dass nicht die Hormone den Charakter machen, sondern Genetik, Erfahrung, Behandlung. Zu viel Hormone können ganz viel negativ beeinflussen, aber nie positiv.
    Frag mal 1000 Pferdebesitzer, ob sie für oder gegen Kastration von Hengsten sind, da wird keiner ! sagen, ich hab aber Angst, dass er hinterher nicht mehr derselbe ist...
    So, ich hoffe, ich konnte dir ein bißchen deine Angst vor der Kastration nehmen.
    Vergiss nicht: du kannst ganz viel für deinen Bock tun!

  • Hat dein Bock denn Herz- oder andere gesundheitliche Problem? Lass ihn vorher abhören, dann hast du Sicherheit.
    Abszesse, entzündete OP- Wunde: gibt es, liegt aber zu 99 % an dir selbst (außer der TA benutzt unsteriles OP- Besteck, was aber KEIN TA tut!). Wichtig, wie oben geschrieben: sauberes Handtuch in der Transportbox, evtl. gibst du der Prraxis noch eins, wo sie ihn dann draufsetzten sollen, sauberes Handtuch 1 - 2 Tage zu Hause als Unterlage, Heu dann halt mal aus ner Raufe. Auf keinen Fall die Wunde anfassen/ rumdrücken. Meerschweinchen haben eine sehr gute Wundheilung.
    Sollte sich das doch entzünden: nicht schlimm! In Ruhe zum TA (das ist kein Notfall!) und spülen lassen! Ein AB zu spritzen ist meistens nicht nötig!
    Berichte mal, wie du dich entschieden hast und wie es - falls du ihn kastrieren lässt - gelaufen ist!

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