Häufig werden zwei Jungböcke zusammen verkauft und der Halter erwirbt damit eine tickende Zeitbombe. Das kann Monate, sogar Jahre gut gehen und wie aus heiterem Himmel gibt es Ärger, sie streiten sich und alle Harmonie ist vorbei. Woran liegt das? Diese Frage wird in vielen Foren immer wieder gestellt. Ich hab hier mal ein Zitat von Susanne C., das sehr anschaulich erklärt, warum es zwangsläufig zu diesen Auseinandersetzungen kommen muß:
ZitatAlles anzeigenMeerschweinchen sind nun mal Nestflüchter. Wenn sie geboren werden, haben sie sogar die Milchzähne noch im Mutterleib verloren und schon die bleibenden Zähne. Sie sind vollständig ausgebildete Mini-Meerschweinchen, mit Haaren, offenen Augen etc. Überlebensfähig sind sie sofort, sie brauchen nur 1-2 Wochen ergänzend Muttermilch bis die Darmflora vollständig funktioniert und für ein paar Antikörper gegen die wichtigsten Krankheiten - fressen aber schon wenige Stunden nach ihrer Geburt feste Nahrung.
Wenn ich da einen Vergleich ziehen sollte entsprechen sie etwa einem Kind im Grundschulalter, einem Hundewelpen der gerade so weit ist, dass er zum neuen Besitzer ziehen kann.
Nur: im Mutterleib lernen Meerschweinchen nichts. Und das ist das große Problem. Alles, was sie nicht durch die Instinkte festgelegt haben müssen sie sich von Artgenossen abschauen, und da reichen einfach vier Wochen nicht aus, das ist zu kurz.
Viele Jungtiere sind bei neuen Halter noch nicht mal an mehrere Gemüsesorten heran geführt, weil es eben notwendig ist, dass sie in ihrer Gruppe sehen, wie andere erwachsene Schweinchen und/oder ihre Mama verschiedene Gemüsesorten fressen. Haben sie das nicht abschauen können, dann müssen sie erst mühsam und langsam raus finden, was sie fressen können und was nicht.
Wenn das fehlt bleiben sie ihr gesamtes Leben sozial schwer verkrüppelt, können ihre eigene Sprache nicht, wissen nicht, wie sie Konflikte beilegen können, erkennen es nicht mal, wenn ein anderes Schweinchen sich ihnen überdeutlich unterwirft. Sie können null einschätzen, was andere Meerschweinchen von ihnen wollen, wenn sie sich deutlich verhalten, und stehen neben jedem Artgenossen ungefähr so da, wie ein Hund vor einer fauchenden Katze.
Man nimmt ihnen einfach jede Möglichkeit mit Artgenossen zu kommunizieren und damit einen ganz wichtigen Teil ihres Verhaltens. Meerschweinchen haben ein ähnlich komplexes Gruppenverhalten wie Pferde. Das muss eben auch erlernt werden, und gerade bei Hengsten ist es da ja auch durchaus nicht immer einfach - deswegen werden so viele kastriert.
Leider sind Meerschweinchen aber mit den 10 Wochen die sie bei erwachsenen Tieren leben sollten einfach keine Babys mehr. Sie sehen dann kein bisschen mehr aus wie Babys, sondern sehen aus wie erwachsene Tiere, nur ein wenig kleiner.
Das ändert aber alles nichts an der Tatsache, dass man Babys die ohne Erwachsene aufwachsen schwer schädigt. Und das macht es auch kein bisschen besser.
Daher sollte man unbedingt drauf achten, dass man egal woher nur Meerschweinchen kauft, die lange genug bei Artgenossen waren - oder sie schnellstens in eine bestehende Gruppe mit älteren Tieren integrieren.
Ich kann mich diesem Zitat als reine Böckchenhalterin nur anschließen. Ich habe einen Bock, den Urmel. Dieser ist NUR mit Kaninchen aufgewachsen. Außer seinem instinktmäßigen Verhalten zeigt er viel Kaninchenverhalten: Er buddelt, will andauernd mit seinem Bezugsschweinchen kuscheln, leckt Augen und Ohren...
Das macht ihm echte Schwierigkeiten, denn die anderen Wutzen verstehen ihn nicht. Häufig kommt es zu Rangeleien und Urmel weiß nicht, wie er seinen Artgenossen begegnen soll. Dabei trifft er dann manchmal die falsche, kaninchenmäßige Entscheidung und bekommt Haue oder reagiert panisch. Leider ist er in seiner Panik so durcheinander, daß er regelrecht alles umrennt, auch Häuser oder eine Wand. Ich weiß nicht wie oft er sich dabei schon die Schneidezähne abgebrochen hat und ich wieder mal Gemüsestifte schneiden mußte. Er wird wohl nie mehr lernen, wie sich ein Meerschweinchen bei Konflikten verhalten muß. Immerhin hat er das Gähnen gelernt (Ich will keinen Streit) und gähnt meist erstmal zahnlos alle Kollegen an, um dann wieder zum erlernten Kaninchenverhalten zurückzukehren.
Gabi