Hallo,
diese Antwort stammt aus einem anderen Thread, aber ich finde das Thema sehr interessant, deshalb ein neuer Thread:
Zitat von ZweetyDie Züchter, die ich kenne, sind alle geprüfte Zuchtbetriebe etc. und trotzdem ist artgerechte Haltung nicht möglich.
Geprüfte - im Sinne von kontrolliert/besichtigt/überwacht - Zuchtbetriebe gibt es in der Meerschweinchenzucht nicht. Züchter, die sich so nennen dürfen, haben lediglich eine schriftliche Prüfung abgelegt. Wie sie ihre Schweinchen tatsächlich halt, das überprüft niemand. Auch amtliche Vorgaben gibt es nicht, lediglich ein Positionspapier der TVT (Tierärzte für Tierschutz) zur Meerschweinchenhaltung. Und das geht von handelsüblichen Käfigen aus.
Zitat1. Der Platz und die Konstellationen
Artgerechte Zuchttierhaltung sähe für mich so aus:
-Weibchen mit kastriertem Bock in großen Gehegen/EBs
-Und die Böcke? Unkastrierte Bockgruppenhaltung? Finde ich persönlich auch nicht so gut. Aber es bleibt einem ja keine andere Möglichkeit. Also ist hier die Vorraussetzung: viel Platz.
-Alle Gehege sollten außer Sicht,-Riech,-und Hörweite sein, meiner Meinung nach.
Dazu gibt es im neuen Spektrum der Wissenschaft 01/2010 einen interessanten Artikel:
ZitatAlles anzeigenMindestens drei Dutzend Meerschweinchen
wuseln in dem
kleinen Gehege herum, gut
die Hälfte davon erwachsene
Männchen und Weibchen, dazu Jungtiere
verschiedenen Alters. Trotz aller Lebhaftigkeit
geht es erstaunlich friedlich zu. Dabei
hat die Gruppe nur knapp zehn Quadratmeter
zur Verfügung.
Schaut man den Nagetieren länger zu, beobachtet
man viele soziale Kontakte. Hier
balzt ein großer Bock ein Weibchen an, dort
droht ein anderer kurz einem weiteren Männchen,
und das flitzt daraufhin davon. Jüngere
Tiere tollen miteinander herum. Ein Muttertier
sucht sich mit seinen lebhaft drängenden
Neugeborenen eine ungestörte Ecke – Meerschweinchen
kommen als »Nestflüchter« zur
Welt. Harte Auseinandersetzungen sind nicht
zu sehen, auch keine verschreckten, kümmernden
oder immerzu gejagten Tiere.
So viel Harmonie bei engem Zusammenleben
vieler erwachsener Artgenossen ist für Säugetiere
nicht selbstverständlich. Vor allem dürfen
Tierpfleger von den meisten Arten normalerweise
nicht mehrere erwachsene Männchen
mit Weibchen zusammensperren, ohne ernste
Verletzungen oder Siechtum wegen übermäßigen
Stresses zu riskieren: Schon die reine Anwesenheit
von Weibchen pflegt Männchen zu
heftigsten Auseinandersetzungen zu veranlassen.
Dass die Haltung Tieren nicht behagt, erkennen
die Zoopfleger außerdem oft schon
daran, dass sich kein Nachwuchs einstellt.
Quelle: Spektrum der Wissenschaft, 01/2010, Seite 56
ZitatUnd das erfordert natürlich viel Platz. Ist das möglich in einer Wohnung? Meiner Meinung nach nicht.
In einem Käfig im Wohnzimmer zumindest nicht, da geb ich Dir recht.
Zitat2.Die Fütterung
Artgerechte Fütterung ist ja eigentlich:
-Wiese, Wiesenkräuter, Blattgemüse, Gemüse, Küchenkräuter, Heu (als Wiesenersatz), Äste...
-Aber die Zuchttiere brauchen ja viel Energie, also wird TroFu gefüttert, das wiederum zählt für mich aber nicht zur artgerechten Ernährung.
-Wenn erhöhter Energiebedarf, dann würde ich Sämerein füttern, was aber vorraussetzt, dass man sich damit auskennt.
Und es dauert schon lange für ca. 5 Tiere täglich (im Sommer) Wiese etc. zu pflücken, wie möchte man dann für 10-15 Tiere sammeln gehen, wenn man ja auch noch soviel Zeit in Nachwuchs etc. stecken muss? Was ich damit sagen möchte, man hat ja schon in der Heimtierhaltung alle Hände voll zu tun, um die Tiere artgerecht zu halten, geht es bei der Zuchttierhaltumg überhaupt?
Man kann für viele Tiere auch mähen (lassen) etc. ... Es erfordert halt Organisation, aber es geht sicher. Füttere mal ein Pferd :wink:
Zitat3.Die Versorgung
Tierarztkosten sind hoch, Impftermine (bei Kaninchen) müssen eingehalten werden, Frühkastration sollte erfolgen, Vermittlung nicht zu früh (zum Beispiel bei Kaninchen erst frühestens ab der 10. Woche), ggf. Handaufzuchten, Krankheiten, Komplikationen, Streukosten, Gehegebaukosten, Abwechslung für die Tiere...
Das ist halt eine Frage des eigenen Anspruchs und des Preises, den man zu vertreten bereit ist. Bei 5,00 € pro Tier ist der schon lange über den Jordan, das stimmt wohl, aber was das heißt, kann man ja durchaus kommunizieren - auch gegenüber einem potenziellen Käufer.
Zucht generell abzulehnen, nur weil es genügend Nottiere gibt, halte ich NICHT! für den einzig gangbaren Weg im Sinne der Tiere. Tierheimtiere kosten oft mehr, sind schwieriger zu halten, weil vielleicht schlecht sozialisiert, etc. pp - nicht jeder sollte sich das zumuten müssen, finde ich. Und abgesehen davon: Manch einer kann es auch schlicht nicht. Stell Dir nur einen schlecht sozialisierten großen Hund vor: Wer soll den halten mögen/können? Der ältere Herr in der Stadtwohnung? Die Familie mit Kindern?
Auch wenn es bei Meerschweinchen leichter ist: Tierarztkosten können schnell ins Unendliche steigen. Das kann man nicht immer voraus planen. Und Kinder, die ein Haustier nach dem anderen innerhalb kürzester Zeit verlieren, weil es einen Tumor, OD oder sonstwas hat: Auch das will nicht jeder seinen Kindern antun. Ganz abgesehen davon, dass es weit mehr Wissen erfordert, ein angeschlagenes Tier zu halten als ein unkompliziertes gesundes. Dazu alle zwingen zu wollen, halte ich für keinen guten Weg.