Regenbogenbrücke

Schlaf gut, mein Mäuschen

Eure Meerschweinchen, die über die Regenbogenbrücke gegangen sind

  • Söckchen, ich hasse es nach verlorenen Schlachten aufzuräumen. Die Handtücher, die Spritzen und die Reste von dem Brei, die Transportbox.
    Das Fluffy war gerade gestorben und ich habe nach einer neuen Mitbewohnerin für meine anderen Schweinchen gesucht. Ich hab dich bei Christina auf der Seite gesehen und habe diese kleinen Schlappohren gesehen. Und ich war hin und weg. Du hattest noch keinen Namen, weil der noch nicht angegeben wurde. Also stand bei meiner Reservierung nur "Schlappohrmeerschwein"
    Du kamst mit Lotte an. Weil wir keinen Termin finden konnten an dem ich euch beide abholen konnte wurdet ihr in einer Nacht-und-Nebel-Aktion in der Unibibliothek in die leere Transportbox gesetzt. Dann ging es nach Hause.
    Ich glaube du hast dich ein bisschen gelangweilt, kann das sein? Du warst fürchterlich neugierig und bist immer ganz schnell angelaufen und hast geguckt, geschnuppert. Du warst geduldig, sehr sozial und naseweis. Wenn ich etwas hatte was du haben wolltest warst du immer so aufgeregt das ich mehr als einmal die Sorge hatte das du gleich über die Plexiglasscheibe kletterst. Dabei hast du deinen kugelrunden Bauch vorgestreckt und bist auf deinen Hinterfüßchen rumgetippelt. Du warst immer so aufgeregt. Und du hast es wirklich geliebt dich zu sonnen. Sobald die Sonne auf dem Gehege stand hast du dich auf die Stelle gelegt und sie dir auf den Bauch, die Nase oder den Rücken scheinen lassen. Hauptsache Sonne.


    Ich weiß nicht genau warum, aber du hattest die Angewohnheit immer um Hilfe zu rufen, wenn dir eines der anderen Schweinchen zu nah auf die Pelle gerückt ist. Deswegen hatte ich einmal auch nicht wirklich reagiert bis es wirklich wirklich schrill wurde. Gerade als ich um die Ecke kam um zu sehen was los war bist du unter der Etage vorgeschossen gekommen. Auf drei Beinen. Mein natürlicher erster Gedanke war das du dein Bein verloren hattest. Was sonst? Ich hab dich raus gehoben und wir haben festgestellt das du dein Füßchen nur sehr eng an den kugelrunden Bauch ran gezogen hast. Du hast weiter gehumpelt. Weil unser Tierarzt zu hatte also zum Nottierarzt, ich setzte dich auf den Tisch und du stehst mit allen vier Füßchen auf dem Tisch. Läufst auch ganz normal. Der Arzt stellt fest, dass du dir bei der Flucht wohl etwas gezerrt hast. Es gibt ein Schmerzmittel und das wars. Auf dem Heimweg hab ich nur deinen Rücken gesehen, du hattest dich kugelrund in einen Berg von Heu eingerollt. Zuhause setzte ich dich wieder ins Gehege. Du stehst auf deinen vier Beinchen, drehst dich um und guckst mich an und hebst das Beinchen was dir weh tut an. Ich hätte schreien können. Beim Tierarzt war nichts zu sehen gewesen und er hatte dich beim Laufen festhalten müssen um zu sehen wo du das Bein entlastet und es dir wirklich weh tut und hier im eigenen Haus hebst du einfach dein gezerrtes Beinchen an und bist für zwei Tage durch das Gehege gehumpelt bis du wieder richtig gelaufen bist.
    Rückblickend werte ich das so, dass du dich einfach sehr sicher gefühlt hast. So sicher das du hier zeigen konntest was dir weh tat.
    Du warstden Großteil deines Lebens hier, hattest du es gut und du warst gesund. Du warst dem Plüsch sehr zugetan, ob sie davon so begeistert war weiß ich nicht. Aber sie hat dich in ihrer Nähe schlafen lassen.


    Anfang Dezember bin ich dann eine Woche krank gewesen. In dieser Woche bist auch du krank geworden, allerdings habe ich das erst spät bemerkt, weil ich mit meinem Mageninfekt beschäftigt war. Als mir dann auffiel das du abgenommen hattest sind wir zum Arzt. Kokzidien, eine Rachenentzündung und erhöhte weiße Blutkörperchen. Es ging dann eine Weile Bergauf aber dann hat dein Kreislauf plötzlich schlapp gemacht. Ich hab dich gerade noch rechtzeitig gefunden, Wasser, Päppelbrei, Schmerzmittel und eine Wärmflasche haben dich wieder soweit hochbekommen, das du zum Tierarzt konntest ohne auf dem Weg wegzusterben. Du hast keine Ahnung wie du mich erschrocken hast. Wie du auf der Seite gelegen hast und nur kurz gezuckt hast als ich dich hochgehoben habe. Ich hab gedacht du wärst tot, so komplett ohne Körperspannung.
    Aber du hast gekämpft. Ich hab daneben gestanden, dir Futter und Magentee gegeben und deine Medikamente, hab deine Füßchen verbunden als die wegen der Liegerei aufgegangen waren. Und du hast es geschafft. Du hast diese Schlacht gewonnen und wurdest gesund. Du durftest noch einen Monat fröhlich durchs Gehege springen und dich an der Plexiglasscheibe hochziehen. Du hast dich vom Plüsch anmaulen lassen als du dich zu nah an sie gesetzt hast um dann, als sie geschlafen hat, dich ganz entspannt hinzusetzten, die Nase in ihr Fell zu stecken und dann deinerseits zu schlafen.
    Ich hab mich so für dich gefreut und bin so stolz auf deine kleine Kämpferseele.
    Letzte Woche Freitag dachte ich mir das irgendwas nicht stimmt bei euch. Ich konnte meinen Daumen aber nicht drauflegen. Samstag wurde ich dann geweckt, weil ich dich hab um Hilfe rufen hören. Fofo hatte dich ordentlich rum gescheucht, wie das so seine Art ist. Als ich dann aufgestanden bin ist er stiften gegangen und ich habe gesehen das du versucht hast weg zu kriechen. Mit dem Gedanken das deine Füßchen, die ja gerade verheilt waren, vielleicht verletzt worden sind habe ich dich raus gehoben und musste feststellen, dass du ziemlich schlapp warst. Du wolltest fressen, das habe ich gemerkt. Du warst so geil auf den Päppelbrei das du vom Bett auf meine Schoß gehüpft bist, von da fast von meinen Beinen gefallen bist, dann wieder vom Bett zurück auf meinen Schoß und von da aus in meinen Ärmel und einmal quer durch den Bademantel gelaufen bist. Nur, weil dir das mit dem Brei nicht schnell genug ging.
    Also wieder zum Tierarzt. Ich bin davon ausgegangen das nur die Zähne geschliffen werden mussten, aber da war nichts. NICHTS. Dafür aber eine degenerierte Kaumuskulatur. Du hast eine Infusion bekommen und wir sind mit einem anderen Antibiotikum als vorher nach Hause. Blut konnten wir dir an diesem Samstag nicht abnehmen, die Probe würde erst Montagabend abgeholt werden, und diese kleine Mengen von Meerschweinchen können nicht richtig gelagert werden. Von Samstag auf Montag konnte ich trotzt zufüttern zusehen wie dein Gewicht fällt und fällt. Innerhalb von nicht ganz zwei Tagen hast du 100 Gramm abgenommen und sämtliches Interesse an Fressen verloren. Ich konnte dich weder mit Dill noch Fenchel noch Eisbergsalat, Paprika oder einem Brei aus Petersilienwurzel, Pastinaken, Sellerie und Möhren, hinter dem Ofen vor locken. Montags habe ich dich dann mit zur Arbeit genommen und von da aus sind wir dann direkt zum Tierarzt. Die Sekretärin war nicht sehr erfreut als sie deinen Transportkäfig auf dem Schreibtisch hat stehen sehen. Aber um ehrlich zu sein. Wir waren nur zu dritt in diesem Büro und du hattest es ruhiger als auf manchen Busfahrten zurück vom Tierarzt.
    Dein Gewichtsverlust hat dann dafür gesorgt, dass wir das Antibiotikum erst mal abgesetzt haben bis die Blutwerte da waren. Und siehe da. Dein Appetit ging hoch, dein Gewicht leider nicht so stark. Mittwoch Abend waren die Ergebnisse da. Deine Werte sahen nicht sehr gut aus. Donnerstag warst du dann den ganzen Tag in der Praxis, weil ich zur Arbeit musste und ausnahmsweise nicht ins Homeoffice konnte. Ich hab die Nacht nur 2 Stunden geschlafen und hab mich entsprechend gefühlt. Du hattest aber auch keinen leichten Tag, wie ich gehört habe. Du hast massiv Gewicht verloren und musstest stündlich zugefüttert werden. Aber als ich nachmittags angerufen habe um zu fragen wie es dir geht hast du wohl in deiner Box „rum gerappelt“ und als ich dich abgeholt habe, warst du sehr munter und bist rum gelaufen.
    Auf dem Heimweg hast du gequietscht und erzählt als wir im Hausflur waren. Im Gehege bist du ganz aufgeregt rum gelaufen, hast die anderen Begrüßt und hast versucht Dill und Petersilie mit ihnen zu fressen. Das das nicht geklappt hat schien für dich ein herber Dämpfer zu sein. Während die anderen sich über das Grünzeug her gemacht haben hast du dich einfach zwischen die Heuraufen gesetzt und sahst traurig aus. Ich hatte noch Hoffnung. Immerhin habe ich gesehen wie du dem Tod ganz knapp von der Schippe gesprungen bist. Freitag morgen mussten wir noch einmal zum Tierarzt um deine Medikamente fürs Wochenende abzuholen und zu besprechen wie wir vorgehen. Deine Blutwerte waren sehr schlecht, aber dein Alter und dein Kampfgeist haben für dich gesprochen. Um den Magen zu schonen hast du das Antibiotikum gespritzt bekommen. Dazu etwas zur Unterstützung der Leber und zum Aufbauen der Abwehrkräfte. Freitag ging es gut, Samstag kam der Absturz. Du hast angefangen immer größere Mengen von deinem Brei wieder auszuspucken. Stündliches Zufüttern hat nichts gebracht. Du hast das letzte Mal um 23 Uhr Abends Kot abgesetzt. Gegen 4 habe ich erst realisiert wie schwach du bist und wie viel Kraft dir fehlt und das du deinen Sieg vom Dezember wahrscheinlich nicht wiederholen wirst. Gegen 6 ist dein Köpfchen dann so schwer geworden das du es nicht mehr richtig oben halten konntest.
    Der Nottierarzt meinte wir sollten um halb 10 da sein. Nach dem Anruf wurdest du dann munterer und fingst an zum Wassernapf zu wackeln. Du fingst an dich zu putzen und auf der Fahrt bist du auch in der Box rum gewackelt. Ich bin auf dich rein gefallen. Ich hab wirklich gedacht du schaffst es. Du hast noch versteckte Kraftreserven. Darum hast du noch einmal eine Infusion bekommen, etwas zum Abführen, damit du nicht einen Darmverschluss bekommst und wir beide sind wieder nach Hause.
    Ich wollte dir etwas Zeit geben bis die Mittel wirken. Nach knapp zwei Stunden hab ich dann bemerkt das ich mich getäuscht habe. Dein Köpfchen war wieder so unglaublich schwer du hast eine bequeme Position gesucht, aber deine Äuglein sind danach immer wieder zugegangen und deine Öhrchen waren kühl.
    Als wir wieder beim Tierarzt ankamen warst du so schlapp und platt das Kathy sich nicht sicher war ob du lebst oder nicht.
    Du bist beim Tierarzt eingeschlafen. Durch das Metacam hattest du keine Schmerzen, und du hast auf einem Handtuch gelegen auf dem deine drei anderen Schweinchen gesessen hatten. Ich hoffe du konntest sie riechen und hast dich nicht allein gefühlt. Du bist mit einer Strähne von Plüschs Fell, die beim Haare schneiden runter gefallen war, auf der Nase eingeschlafen. Kurz vorher hattest du noch einmal die Gelegenheit gehabt in dem Gehege in der Sonne zu liegen und zu dösen.
    Der Arzt hat sein Stethoskop angelegt direkt nach der zweiten Spritze, aber da hat dein Herzchen sich schon ausgeruht.


    Ich möchte Danke sagen, Söckchen. Du warst nur kurze Zeit hier aber ich durfte diese Zeit mit dir verbringen und dich begleiten. Ich durfte dieses kleine quirlige, intelligente und neugierige Bündel Leben kennenlernen das du warst. Wahrscheinlich kann es deswegen nicht glauben das du schon gehen musstest.
    Morgen fangen die Klausuren an und ich hatte gehofft mich danach mehr mit dir beschäftigen zu können. Ich denke du hättest einen höllischen Spaß am Klickern gefunden. Ich war neugierig wie das Gehege in die neue Wohnung passen würde, wenn ich die denn erstmal gefunden habe, und wie dir die Modifikationen am Gehege gefallen würden. Was du nicht wusstest ist, dass mein Vater seit 1 ½ Jahren auf den Plänen für ein Spielbrett bei dem Meerschweinchen Leckerchen suchen, sitzt, für eine Zwischenetage und eine komplett neue Etage für Kuschelsachen. Ich hab mir immer vorgestellt wie du als erste die Rampe hoch schleichst, dich gaanz lang machst und mit deinem rosa Näschen über das Holz schnupperst. Du wärst ohne Zweifel die Erste gewesen die sich dort hin getraut hätte.


    Es tut mir leid, wenn du wegen mir auf den letzten Metern leiden musstest. Ich hoffe du warst nur müde und warst froh endlich schlafen zu dürfen. Und ich hoffe es ist okay, dass du jetzt ein paar Meter von den anderen Schweinchen entfernt schläfst. Ich bin mir sicher das du sie da drüben finden wirst und ich hoffe das du trotz allem eine schöne Zeit bei mir hattest.
    Ich vermisse dich.


    Schlaf gut, Söckchen.

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